Meine Kleinen

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Freitag, 5. Februar 2016

Wer schön sein will muss leiden

Hallo ihr Lieben!

Nach sehr langer Zeit des Schweigens melde ich mich nun endlich wieder  aus dem heißen und trockenen Kamerun. Da so viel Zeit vergangen ist, habe ich natürlich viel erlebt und viel zu erzählen. Ich arbeite in letzter Zeit sehr viel länger als früher, weshalb ich nie zum Schreiben komme. Aber ich muss euch ja erst mal auf den neuesten Stand bringen, deshalb fange ich am besten mit den letzten Wochen zusammen mit Anna und Jonas hier an, also im November.
Eins der schönsten Gefühle überhaupt: Ein Baby auf dem Rücken zu tragen
Mit Babi Princess

Mitte November habe ich mich zum Friseur gewagt und mir meine Haare flechten lassen. Weil ich mir schon mein Leben lang rote Haare gewünscht habe, wurde mir rotes Kunsthaar eingeflochten, was ich ziemlich cool fand! Allerdings musste ich vorherfür den Erfolg ziemlich viel ertragen. Es dauert über vier Stunden, bis schließlich alle meine Haare verflochten waren. Dabei arbeiteten immer mindestens drei Frauen gleichzeitig an meinen Haaren! Es waren für mich allerdings nicht nur einige langweilige Stunden, sondern vielmehr qualvolle Stunden. Diese ganze Prozedur war nämlich überaus schmerhaft! Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben solche Schmerzen ertragen müssen und erst recht nicht freiwillig. Da ich auch erst nach der Arbeit dorthin ging, hatte ich zwei Bikefahrten hinter mir und meine Haare waren durch den Fahrtwind total zerzaust. Selbstverständlich war ich ohne Bürste unterwegs, weshalb die Friseusen meine Haare auseinander "zupfen" mussten, wobei es  sich aber mehr so anfühlte als würden sie sie mit Gewalt auseinander reißen. Was wahrscheinlich sogar der Fall war. Die Kameruner kennen unsere Art von Haaren ja nicht und sind deshalb wohl nicht besonders einfühlsam was das angeht. Sie zerrten und zogen also an meinem Kopf herum und ich versuchte bloß die ganze Zeit über, die Tränen zurück zu halten und es irgendwie zu überstehen. Es fühlte sich so an als würden sie mir die Kopfhaut abziehen. Ich schwor mir natürlich mir nie wieder diese Qualen zuzumuten, aber inzwischen habe ich schon wieder geplant, wann ich mir die Haare das nächste Mal machen werden lasse. Aus manchen Erfahrungen lernt man bzw. frau wohl nie. Außerdem heißt es ja auch "Wer schön sein will muss leiden". Ivo war so nett und blieb die ganze Zeit dabei und unterstützte mich seelisch und am Ende sogar die Frauen praktisch, indem sie als fünfte noch mithalf beim Eindrehen der Haare. Ihr könnt euch meine Erleichterung am Ende des Tages wohl vorstellen! Die ersten drei Nächte bekam ich wenig Schlaf, weil ich immer noch große Schmerzen hatte, wenn ich mich auf die Haare legte, aber bald spürte ich dann gar nichts mehr und konnte meine neue Frisur voll und ganz genießen. Da man sich die Haare nicht wäscht, wenn Kunsthaar drin ist, war es nach einer Woche noch einmal sehr unangenehm, da meine Kopfhaut nach Wasser schrie und fürchterlich und unerträglich juckte. Doch danach gewöhnte sie sich wohl daran und es wurde viel besser.
Die Kameruner finden es toll, wenn wir uns "anpassen", also wenn wir kamerunische Kleidung tragen oder eben unsere Haare machen lassen wie sie. Meine Freundinnen im Waisenhaus fanden es soo toll und haben alle meine Haare bewundert. Als sie mich aber nach dem Preis fragten, waren sie entsetzt und lachten mich aus, weil sie meinten, dass ich viel zu viel bezahlt hätte. Wahrscheinlich haben sie recht, aber mit allem, also Kunsthaar und so, habe ich so um die 12 Euro bezahlt, ich kann mich also nicht beklagen. In Deutschland bezahlt man für so eine Frisur über 100 Euro...

Mit Haarnetz,so musste ich immer schlafen
Mit Loik
Mit Baby Rita
Vor dem Krankenhaus



Am Ende des Monats hatte ich an einem Samstag Geburtstag und feierte diesen mit ein paar Freunden. Es war ein ganz anderer Geburtstag als all die Jahre zuvor. Am Freitag putzte und räumte ich bis spätabends unsere Wohnung auf. Emily war in der Zeit auf Reisen, weshalb ich ganz allein war. Es war ein komisches Gefühl, am Morgen meines Geburtstages ganz allein aufzuwachen, es war das erste Mal in meinem Leben. Sonst bin ich immer ganz früh aufgewacht und konnte es gar nicht erwarten, bis endlich jemand kam und mich "weckte" und wir Geschenke auspackten und eben feierten, wie man das so macht. Dieses Mal aber wachte ich auf, realisierte, dass außer mir niemand da war, suchte kurz nach einem Grund aufzustehen, fand keinen, drehte mich auf die andere Seite und schlief weiter. Mittags kam aber Anna um mir bei meinen Vorbereitungen zu helfen. Ich hatte mir bei meinen amerikanischen Nachbarn deren "Dutch Oven" ausgeliehen, womit wir beide einen Bananen-Schoko-Kuchen backten. Ein Dutch Oven besteht aus einem Topf, in welchem Sand ist, den man auf den Gasherd aufs Feuer stellt. In den Topf auf den Sand kommt dann die Kuchenform und wenn man dann den Deckel auf den Topf setzt, entsteht daraus ein kleiner Ofen. Das Ganze hat echt ganz gut geklappt. Der Kuchen war unten etwas schwarz, aber das konnte man abkratzen und dann war er so super lecker! Außerdem kochten wir eine Kürbissuppe. Da wir nichts zum Pürieren hatten, war die Suppe sehr klumpig, weshalb ich einen Fufustab nahm, mit dem man eigentlich Fufu kocht, und damit die Suppe zerstampfte. Sie schmeckte auch letztendlich gut. Jonas kam dazu, als der Kuchen gerade fertig war und zu dritt warteten wir auf meine Gäste, die natürlich alle zu spät kamen. Wie nicht anders zu erwarten, kamen zu erst die Deutschen, also Paula, Vivien und Mareike. Die Kameruner ließen auf sich warten, doch schließlich trudelten auch Sandrine, Ivo und Claris irgendwann ein und wir verbrachten einen ganz netten Nachmittag. Mareike, Vivien und Paula blieben etwas länger, aber nachdem auch sie am frühen Abend gegangen waren, war ich wieder ganz allein. Es war ein stranges Gefühl. Ganz mit sich und seinen Gedanken allein zu sein. Natürlich war ich sehr traurig und vermisste mein Zuhause. Alles war so ganz anders. Auch weil ich kaum Geschenke bekam, da das Paket von meinen Eltern wieder zurück zu ihnen gekommen war. Von meiner Freundin Carli hatte ich am Morgen, bevor alle kamen, ein Paket geöffnet, in dem ein selbstgebastelter Adventskalender war, worüber ich mich so sehr freute! Diese paar Minuten am Morgen allein mit ihrem Brief, einer Kerze und dem Geschenk war fast die schönste Zeit am Tag, weil ich so gerührt war. Von Paula und Co bekam ich einen Gutschein für ein Picknik hier in Kumbo auf einem Berg, den ich endlich einlösen muss. Das wird sicher auch sehr schön.


Kürbissupper stampfen

Dutch Oven
Der Kuchen
Auf die Gäste warten
 

  







 Am Sonntag danach traf ich mich schon morgens um kurz nach sieben mit Anna und Jonas am Park in Tobin, von wo aus wir nach Foumban, eine Stadt in der Nähe, reisen wollten. Allerdings sollte der Tag noch einige Komplikationen mit sich bringen. Zuerst stellte Jonas fest, dass er seinen Ausweis vergessen hatte, weshalb er nochmal nach Hause fahren musste. Da der Driver nicht auf ihn warten wollte, sollte er dann mit dem zweiten Auto nachkommen und uns dort treffen. Natürlich waren wir noch da, als er wieder am Park eintraf, aber unser Auto war schon voll, weshalb er trotzdem nicht mitfahren konnte. Warum wir dann trotzdem noch mindestens eine halbe Stunde dort rumstanden und nicht abfuhren, ist die Frage. Schließlich fuhren wir doch irgendwann los und saßen sehr lange in einem Sauna-Auto fest und kamen fast um vor Hitze. Die Entfernung ist zwar nicht so weit, aber da die Straßen wirklich schlecht sind, waren wir lange unterwegs und kamen erst mittags dort an. Foumban ist eine wirklich sehr schöne Stadt! Sie ist sehr muslimisch, weshalb wir viele Frauen mit tollen, bunten Kopftüchern zu sehen bekamen. Die Stadt wirkte insgesamt sehr bunt und hell auf mich und es gefiehl mir sehr gut. Letztendlich bekamen wir aber nicht so viel zu sehen. Wir schauten uns die Künstlerstraße an, für welche Foumban berühmt ist, in der sich ein Geschäft ans nächste reiht, wo man Masken und andere traditionelle Dinge kaufen kann. Ich erwarb eine Maske für meinen Vater zu Weihnachten und spielte ein Spiel mit zwei Verkäufern, welches mir aber letztendlich zu schwer und zu teuer war. Jonas konnten wir den ganzen Tag nicht erreichen und fuhren zu zweit schließlich wieder zufällig mit dem gleichen Auto, mit dem wir gekommen waren, zurück. Auf unserer Rückfahrt rief endlich Jonas von einem fremden Handy an, weil er auch noch sein Handy zu Hause vergessen hatte. Er war gerade erst dort angekommen und weil kein Auto mehr an dem Tag nach Kumbo fuhr, musste er über Nacht bleiben. Er hatte allerdings nicht einmal genug Geld für ein Hotel dabei, doch zu seinem großen Glück traf er zufällig den Bruder eines Arztes aus Shisong, dessen Nummer er sogar bekommen, aber auch in Kumbo gelassen hatte, bei welchem er die Nacht verbringen konnte. Dieser zeigte ihm auch noch ein wenig die Stadt, weshalb er wahrscheinlich letztlich sogar mehr von dem Ausflug hatte als wir. Weil Jonas den Schlüssel hatte, musste Anna die Nacht spontan bei mir übernachten. Zuerst gönnten wir uns aber ein leckeres Abendessen bestehend aus Pommes und Omelett in Squares und genossen den Sonnenuntergang.
Moschee in Foumban
Palast des Fon in Foumban
  
 
Spiel spielen
 
Sonnenuntergang in Squares

Anfang Dezember waren an einem Tag Edith und Mary krank und als ich ins Waisenhaus kam, bekam ich von Sister Perpetua den Auftrag, Ivo mit den beiden im Krankenhaus zu helfen. Ich verbrachte also den Tag dort und leistete Ivo Gesellschaft. Zum Mittagessen brachten wir die beiden ins Waisenhaus. Man merkte richtig, wie sie zu Hause aufblühten. Am Vormittag waren sie sehr weinerlich und quengelig, doch als sie ins Waisenhaus kamen, fingen sie an zu lachen und zu spielen und genossen die Zeit mit ihren "Geschwistern" total. Auch als wir am Nachmittag zurück im Krankenhaus waren, hielt die neue Stimmung an und es fiel uns schwer, die beiden unter Kontrolle zu halten, da sie auf dem Bett rumhüpften und total aufgedreht waren. Man merkte, die Genesung war nicht mehr weit.

Edith und Mary im Krankenhaus
Die beiden mit Ivo
Am nächsten Tag konnte ich nicht ins Waisenhaus, weil wir vom Bischof zum Golden Jubilee in Meluf eingeladen waren, wo ein großer Festgottesdienst unter freiem Himmel stattfand. Dafür war extra eine Delegation vom Bistum Limburg gekommen, die wir trafen. Der Gottesdienst dauerte fast fünf Stunden, aber weil wir zum einen frische Luft hatten und zum anderen mit Monika und Ursula aus Deutschland zusammen saßen und reden konnten, war es sogar ganz schön. Die Kollekte ging natürlich stundenlang, aber es war schön den Gebenden beim Tanzen zu zu schauen und auch die Musik gefiel mir. Nach dem Gottesdienst aßen wir noch nebenan im Pfarrershaus und danach ging ich noch mit Monika, Ursula und Pfarrer Thomas zu einer nahegelegenen Schule, wo praktische Dinge wie Nähen, Stricken und vieles mehr gelehrt wird und wo ein neues Schulgebäude gebaut wurde, das wir uns anschauten. Es war ein schöner Nachmittag!

Kollekte


 
 
Auf dem Schulgelände
Ein Klassenraum im neuen Gebäude

Tanzen vor der Kirche
Wenn nicht gerade etwas besonderes anstand, verbrachte ich meine Tage mit Anna im Waisenhaus und nachmittags mit ihr und Jonas auf dem Markt oder bei ihnen. Ein paar Wochen am Ende gaben Anna und ich den Caretakern Cynthia und Jane Computerunterricht oben auf dem Balkon des Gästehauses vom Krankenhaus, weil dort der betse Wifi-Empfang ist. Das machte meistens echt Spaß. Es ist erschreckend, wie wenig Ahnung junge erwachsene Frauen wie die beiden von Computer haben. Schon beim Runterscrollen oder Markieren haben sie große Probleme. Wir richteten mit ihnen Emailaccounts für sie ein und zeigten ihnen bisschen, wie man etwas im Internet mit der Suchmaschine sucht und findet. Am liebsten sind die beiden aber natürlich auf Youtube, wo sie sich stundenland Musikvideos angucken können, das haben wir dann immer die letzte halbe Stunde lang gemacht.
Auf dem Bike mit Biker
Beim Mittagessen mit Cali, weil sie nicht im Bett liegen wollte
Mary
Sonne genießen

Anfang Dezember machten wir uns dann auf den Weg Richtung Bamenda, aber davon werde ich euch im nächsten Eintrag erzählen.

Liebe Grüße nach Hause!

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